Geschichte

Helmut Kohl ärgerte die Landespresse mit Tee um neun Uhr morgens
Wie die Landespressekonferenz entstand und wie sie gewachsen ist.

Der Schelm steckte Helmut Kohl im Nacken, als er während seiner Zeit als rheinland-pfälzischer Ministerpräsident zwischen 1969 und 1976 die Landespressekonferenz (LPK) zu Gesprächen einlud. Ein Ritual outete der Altkanzler später zumindest als kleine Spitze gegen die Journalisten – den Pressetee in der Staatskanzlei. Zum 40. Geburtstag der LPK schrieb Kohl, dieser sei „sehr zum Ärger Journalisten bereits um 9 Uhr früh“ gewesen. Er flachste weiter, „dieser für journalistische Gepflogenheiten unmenschliche Termin“ sei nicht die einzige Begegnungsmöglichkeit gewesen. Im Keller der Staatskanzlei habe man im Weinkeller auch Wein getrunken, „meistens jener heute aus der Mode gekommene süße, schwere Wein, der die journalistischen Zungen so zu lockern pflegte, dass unmissverständlicher Klartext gesprochen wurde“. Gerne wurde der damalige Ministerpräsident auch stark kritisiert. Dennoch schätzte der inzwischen verstorbene Altkanzler die Landespressekonferenz als angespornte, interessierte und kenntnisreiche Beobachter in seinem Nacken, durch die er das Spannungsverhältnis von Politik und Presse in einer freiheitlichen Demokratie verstanden habe.

Gegründet wurde die rheinland-pfälzische Landespressekonferenz am 19. September 1950. Redakteure und Korrespondenten, die über Landespolitik schrieben, orientierten sich an Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen, die einen solchen Verein bereits drei Jahre zuvor gegründet hatten. Nachdem die Landesregierung von Koblenz nach Mainz umgezogen war, siedelten sich immer mehr Journalisten in der neuen rheinland-pfälzischen Hauptstadt an. Der SWF hatte Korrespondenten vor Ort, dpa baute eine Pressestelle auf. Doch Pressearbeit befand sich nach dem Zweiten Weltkrieg in den Anfängen. Die wenigsten Ministerien hatten schon Mitarbeiter, die sich um Anfragen von Journalisten kümmerten, waren dem obrigkeitsstaatlichen Denken noch zu stark verhaftet. Korrespondenten, die unliebsame Berichte abdrucken wollten, wurde mit Prozessen gedroht. Ruth Baron, die in der Zeit in der Staatskanzlei gearbeitet hatte, erinnerte sich in einer LPK-Jubiläumsschrift an die Drohung des damaligen SWF-Landesstudio-Direktors: „Wenn wir die Nachrichten aus den Ausschüssen nicht erhalten, müssen wir Fassadenkletterer werden, um uns zu informieren.“ Von Belang war es daher, die Landespressekonferenz zu gründen, die sich dem Ziel verschrieb, die journalistischen Interessen ihrer Mitglieder gegenüber Landtag und Landesregierung zu vertreten, frei von Kumpanei und mit kritischer Distanz zusammenzuarbeiten und sich einer Behinderung der Arbeit zu widersetzen.

Früh lobte die LPK einen Preis für politische Akteure aus, die bereitwillig Auskunft gaben und den Draht zur Presse nutzten. Erster Preisträger war im Jahr 1967 der Innenminister August Wolters, bei dem sich die Journalisten gerne über die falschen Fremdwörter amüsierten, die Referenten dem Minister gerne in die Reden schmuggelten. Das Goldene Telefon vergibt die LPK nach langer Pause inzwischen wieder. 2017 gewann es der damalige Rechnungshof-Präsident Klaus Behnke für aufklärerische Arbeit rund um den Verkauf des Flughafens Hahn, 2018 mit Marco Sussmann der Pressesprecher des Landtags, der bei allen Fragen immer direkt und zügig um Antwort bemüht ist. Die Landespressekonferenz besteht heute aus rund 60 Mitgliedern verschiedener Medien. Sie organisiert Hintergrundgespräche, steht Mitgliedern bei Problemen jederzeit mit Rat und Tat zur Seite und plant Rahmenprogramme rund um Journalisten-Reisen wie zum Landesfest in Berlin alle zwei Jahre. LPK-Präsidentin ist Karin Dauscher.

Die Vorsitzenden der LPK Rheinland-Pfalz:

  • 1950 – 1952 Dr. Edmund Nacken
  • 1952 – 1957 Wolfgang Götz
  • 1957 – 1961 Walter Kopp
  • 1961 – 1963 Robert Reiser
  • 1963 – 1965 Walter Kopp
  • 1965 – 1967 Gottfried Borrmann
  • 1967 – 1970 Karl-Heinz Hock
  • 1970 – 1972 Falko Nassenstein / Cord Felten
  • 1972 – 1976 Dietmar Zundel
  • 1976 – 1981 Hellmut Wernher
  • 1981 – 1984 Axel Kollecker
  • 1984 – 1995 Heidi Parade
  • 1995 – 2007 Joachim Winkler
  • 2007 – 2011 Margarete Ruschmann
  • 2011 – 2019 Georg Link
  • 2019 – Februar 2020 Markus Lachmann
  • Seit Februar 2020 Karin Dauscher